Der Ursprung der Craniosacralen Biodynamik liegt in fundamentalen Naturgesetzen. Diese wurden erstmalig
vom Landarzt Dr. Andrew Taylor Still (1828–1917) eingehend studiert und mit dem Begriff „Osteopathie" in ein wissenschaftliches Konzept gebracht. Still sah den
Menschen als Teil der Schöpfung und leitete daraus ab, dass wir die Selbstheilungskräfte bereits in uns
tragen. Sich dieser Tatsache im Umgang mit Patienten voll bewusst zu sein und „der Natur bis ans Ende zu vertrauen“ – das ist sein Geschenk an die Menschheit.
Dr. William Garner Sutherland (1873–1954), ein Schüler von Dr. Still, vertiefte sich schließlich in das Studium des sogenannten craniosacralen
Mechanismus in unserem Körper. Zwischen dem Cranium (Schädel) und dem Sacrum (Kreuzbein) pulsiert die Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit, der Liquor. Sutherland erkannte, dass in dieser
Flüssigkeit die Lebenskräfte wirken, die an die Körperzellen in bestimmten Rhythmen weitergegeben werden. Einer seiner Schüler und Freunde, Dr. Rollin Becker
(1910–1996), wurde dann zum Wegbereiter der biodynamischen Idee, die schließlich von Dr. James Jealous (1943–2021) in dessen „Biodynamics" übernommen
und weiterentwickelt wurde. (Zur Klarstellung: Die von mir praktizierte Craniosacrale Biodynamik ist nicht ident mit „Biodynamics", klassischer Osteopathie oder Craniosacraler Therapie mit
ihren Mobilitätstests und mechanischen Grifftechniken).
Die Biodynamik beruht in erster Linie auf dem Naturgesetz der Homöostase – der Körper strebt immer nach seinem
Gleichgewicht. Dabei spielen die Umgebungsenergie sowie jene Kräfte eine besondere Rolle, die dafür verantwortlich sind, dass wir bei unserer Menschwerdung aus einem
Tropfen Flüssigkeit (genau: Protoplasma) in eine ganze Form gebracht wurden. Wir sind tatsächlich von unserem Ursprung her etwas Ganzes! Diese embryonalen
Wachstumskräfte bleiben unser Leben lang erhalten. Sie sind die eigentlichen Selbstheilungskräfte.
Ich lasse bei meinem Ansatz die intelligenten Selbstheilungskräfte alleine die Arbeit machen: .„Bios" =
„Leben", „Dynamik" = „Kraft, Vermögen". Darauf vertraue ich. Ich verweile absichtslos und neutral im Nicht-Tun und Nicht-Wollen. Die Intelligenz des Körpers hat dadurch die Freiheit und den
nötigen Raum, ihren ganz eigenen Prozess ohne Beeinflussung, Kontrolle und Steuerung von Außen zu entfalten. Diesen kann man deutlich spüren, wenn man die
Arbeit nicht mit subtilen mechanischen Techniken und anderen Methoden des Tuns vermischt. Völlig synchron im Einklang mit dem Fluss des Lebens zu
arbeiten, ohne ihn in ein menschlich erdachtes Konzept hinein zu zwingen und dadurch seiner vollen Wirksamkeit und Schönheit zu berauben – das ist für mich unverfälschte, „lebendige"
Biodynamik.
Hast Du schon einmal beobachtet, dass wir uns ähnlich zu bewegen beginnen wie unsere Sport- oder Actionhelden auf dem Bildschirm? Der Grund dafür liegt in den
sogenannten „Spiegelneuronen". Das sind Nervenzellen, die aktiviert werden, selbst wenn man nur eine Handlung beobachtet oder über sie nachdenkt. Sie „spiegeln" das Verhalten
anderer. Je sensibler jemand ist, desto stärker das eigene Erleben. Johann Wolfgang von Goethe nützte die enormen sensorischen Fähigkeiten unseres Körpers bei seinen
Naturbeobachtungen. Er stellte fest: „Es gibt eine zarte Empirie (Anm: sinnlich verinnerlichte Erfahrung), die sich mit dem Gegenstand innigst identisch macht und dadurch zur eigentlichen Theorie
wird."
Der Beobachter wird so zum Beteiligten. Es kommt zu Nachahmung, Spiegelung, Verstärkung. Das Phänomen Leben drückt sich in
seiner individuellen Geste über den Körper des Praktizierenden aus. Voraussetzung dafür ist die erlernbare Gabe, lange Zeit im
stillen Nicht-Tun-Modus sein zu können, ohne Bewertung, Analysen, Konzepte – empathische Kunst auf höchstem Niveau. Hingebungsvolles Vertrauen in die Intelligenz des
Körpers. Ein synchroner „Tango Argentino" mit der Bewegung des Lebens. Meine Arbeitsweise wird mit folgenden schönen Worten auf den Punkt gebracht:
„Das Leben ist ein scheues Tier.
Wenn ich darauf zugehe, weicht es zurück und versteckt sich.
Wenn ich es auffordere herauszukommen,
lässt es sich nicht sehen.
Wenn ich versuche es zu überlisten, um es einzufangen,
bleibt es verborgen.
Selbst wenn ich die aller schönsten Tänze aufführe
und Lobreden halte, um es zu beeindrucken,
wird es sich nicht zeigen.
Nur wenn ich still bin und nichts tue,
nichts, um es zu überreden, nichts, um es herzuholen,
nichts, um es zu manipulieren,
wird es sich ganz allmählich nähern und offenbaren.
Es wird mir die Hand reichen,
und ich werde in seinen Armen liegen
wie ein geliebtes Kind."
(Rani Kaluza)